Neun Hunde, neun Schicksale, neun Problemstellungen

Die Geschichten von Ben, Seppl, Ilias, Athos, Lupa, Parcifal, Maddox und Lancelot sind erschreckend und machen Mut zugleich.

Was ich zu allererst tun mußte, um meinen Hunden wirklich helfen zu können, war, zu lernen, sie zu verstehen. Sie wirklich zu verstehen. Ich mußte mich von "alten Hüten" verabschieden und bereit sein, alles in Frage zu stellen, was ich bis dato über Hunde wußte. Nur mit dieser Offenheit war es mir möglich, "die Jungs" von ihren verschiedenen Sorgen und Nöten zu befreien.

Sie finden hier die Geschichten der vier "Jungs" zunächst im Kurzüberblick, detailliertere Schilderungen können Sie dann auf ihren jeweiligen persönlichen Seiten lesen.

Ben (2.v.l.): Bens Startvoraussetzungen waren denkbar schlecht. Er ist auf dem linken Auge blind, laut seiner Tierärztin vermutlich durch die Einwirkung stumpfer Gewalt, höchstwahrscheinlich durch Prügel. Bens ganzer Körper steckt voller Schrotkugeln. Diese Schußverletzungen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf einen Unfall zurückzuführen, sondern auf gezielte Schüsse. Narben in Bens Gesicht und an den Läufen sprechen ebenfalls eine beredte Sprache.

Ben verhielt sich zu Beginn seiner Zeit bei mir aggressiv gegen jeden Menschen und jeden Artgenossen. Heute ist er ein ruhiger, souveräner Hund, an den sich unsichere Artgenossen auffallend oft anschließen, in meiner Hundegruppe ist er der unumstrittene "Chef". Ben schmust nicht nur mit mir gerne, er liebt es, Leckerchen von seinen vielen, vielen menschlichen Freunden zu bekommen, von denen heute keiner mehr Angst vor ihm haben muß und hat.

Seppl (ganz links): Seppl ist ein unsicherer Hund, der einen starken und ihn leitenden Partner an seiner Seite benötigt. Hat er den nicht, wird er von einem unsicheren Menschen geführt, sieht er keinen anderen Ausweg, als das, vor dem er eigentlich wegrennen wollen würde, anzugreifen.

Wie Ben lernte Seppl, daß er bei mir Sicherheit findet und ist damit heute ein Menschen gegenüber sehr aufgeschlossener Hund, der sich mit den meisten Artgenossen ebenfalls gut versteht. Trifft er Mensch oder Hund, die ihm unheimlich sind, versteckt er sich hinter seinem hundlichen "Kumpel" Ben oft nicht viel weniger gerne als hinter mir, Hauptsache beschützt, scheint sein Motto zu sein.

Ilias (2.v.r): Ilias ist ein sehr ängstlicher Hund, der notfalls auch durch geschlossene Türen und Fenster versucht zu flüchten, wenn er in Panik gerät. Als er ganz Beginn seiner Zeit bei mir aufgrund einer lange zuvor geplanten Reise für den Tierschutz bei einem Freund von mir bleiben mußte, wurde Ilias extrem unruhig, kratzte an Türen und Wänden, jaulte und weinte, was das Zeug hielt und konnte nicht eine einzige Sekunde allein bleiben. Sein Angstverhalten wurde so stark, daß tierärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. Sein Verhalten schwächte sich dadurch nur wenig ab. Als ich, die er als "sicheren Hafen" erlebt, zurück war, dauerte es keine 10 Minuten, und Ilias schlief tief und fest zu meinen Füßen und neben seinen Hundekumpels ein.

Auch an Ilias zeigt sich, wie wichtig ein ruhiger, sicherer Mensch sein kann, auch und gerade für ängstliche Zeitgenossen wie ihn.

Athos (rechts): Malinois Athos stammt von einem Züchter und wurde als Welpe nach Bayern verkauft. Dort mußte er bis zu acht Stunden täglich in einer Flugbox verbringen. Da Athos ein typischer Vertreter seiner Rasse ist und unbedingt arbeiten will und muß, litt er unter der Enge, unter ihn in der Box ständig drangsalierenden Kindern und auch später in der Hektik des Tierheims sehr. Als ich Athos kennenlernte, knurrte er fremde Menschen regelmäßig an, besonders Kinder waren ihm suspekt und lösten aggressives Verhalten aus. Bei einem Versuch, ihn im Schutzdienst zu führen, zeigte er für einen Malinois höchst untypisches Meideverhalten, der ihn begutachtende Polizeihundetrainer geht davon aus, daß Athos Opfer einer "Erziehung" mit einem Stromreizgerät ist.

Seit Athos bei mir ist, zeigt er sich als Traumpartner auf vier Pfoten. Drinnen ist er ausgeglichen und extrem anhänglich, schmust viel und ist seinen Hundefreunden ein toller Kumpel, draußen ist er spritzig (und oft nicht minder witzig), voller Arbeitseifer und Verspieltheit, mit einem ungeheuren Potential und einer unglaublichen Schnelligkeit, die jedoch nie in Hektik umschlägt.

Bild 2, von links, Parcifal, Maddox, Lancelot und Lupa, Zusammenfassungen folgen.

"Ich ziehe die Gesellschaft der Tiere der menschlichen vor ...

... Gewiß, ein wildes Tier ist grausam. Aber die Gemeinheit ist das Vorrecht des zivilisierten Menschen."

(Sigmund Freud, dessen Chow-Chow-Hündin Jofie als Freuds vierbeinige Co-Therapeutin in die Geschichte einging)